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Akteneinsicht in und außerhalb von Verwaltungsverfahren beantragen
Die Frage, inwieweit eine Privatperson Einsicht in die bei einer Behörde geführten Akten nehmen kann, stellt sich vor allem dann, wenn die Person in einem sie betreffenden Verwaltungsverfahren als Antragstellerin oder Antragsteller oder sonst Beteiligte oder Beteiligter klären will, welchen Sachverhalt eine Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat oder welche rechtlichen Möglichkeiten ihr/ihm zur Verfügung stehen.
Soweit es um eine Einsicht in Akten geht, die zu einem laufenden Verfahren geführt werden, ist dieses Akteneinsichtsrecht allgemein im Landesverwaltungsverfahrensgesetz geregelt.
Neben dieser allgemeinen Regelung gibt es aber noch eine Vielzahl von speziellen Regelungen. Sie regeln das Akteneinsichtsrecht für einzelne Bereiche ganz oder teilweise spezifisch.
Auch außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens kann eine Privatperson - abgesehen von Zugangsmöglichkeiten nach den Informationsfreiheitsgesetzen - Akteneinsicht beantragen. Dann entscheidet die aktenführende Behörde aber nach pflichtgemäßem Ermessen, ob sie Akteneinsicht gewährt. In diesem Fall hat eine Privatperson einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein Einsichtsgesuch, wenn sie ein berechtigtes Interesse auf Akteneinsicht geltend macht.
Im Folgenden wird schwerpunktmäßig die Einsicht in Akten zu einem laufenden Verfahren dargestellt.
Voraussetzungen
Das Akteneinsichtsrecht besteht für die an einem Verwaltungsverfahren beteiligten Person. Dies sind vor allem:
- die Antragstellerin oder der Antragsteller
- die Antragsgegnerin oder der Antragsgegner
- die Adressatin oder der Adressat eines Verwaltungsaktes
- Vertragspartnerin oder Vertragspartner eines öffentlich-rechtlichen Vertrags
Das Recht auf Akteneinsicht bezieht sich nur auf die das Verfahren betreffenden Akten und dabei auch nur, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung der rechtlichen Interessen der oder des Beteiligten erforderlich ist.
Im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens umfasst das Akteneinsichtsrecht bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer direkten Vorbereitung.
Die Behörde muss die Akteneinsicht nicht gestatten, wenn
- die Akteneinsicht die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt,
- das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder
- Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheimgehalten werden müssen.
Eine Geheimhaltung wegen gesetzlicher Regelungen oder wegen berechtigter Interessen einer anderen Person ergibt sich vor allem aus dem Steuergeheimnis, dem Sozialgeheimnis, dem Datenschutz sowie daraus, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu schützen sind. Auch unterliegt der Geheimhaltung dem Wesen nach die Privat- und Intimsphäre von anderen privaten Personen. Hierzu zählen in der Regel z.B. Angaben zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen, familiären Verhältnissen oder ärztlichen Gutachten.
Verfahrensablauf
Akteneinsicht kann in der Regel bei der aktenführenden Behörde beantragt werden. Der Antrag ist formlos und fristlos möglich. Die oder der Beteiligte muss sich zur Einsicht grundsätzlichzu der jeweiligen Behörde begeben.
Die Behörde kann bestimmen, dass Akteneinsicht nur gewährt wird, wenn eine Vertretung der Behörde Aufsicht führt. Ein Anspruch auf Akteneinsicht ohne Anwesenheit einer Aufsichtsperson besteht nicht.
Auch kann die Behörde im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen eine Akteneinsicht an einem anderen Ort gestatten, z.B. wenn eine Beteiligte oder ein Beteiligter in größerer Entfernung zum Sitz der Akten führenden Behörde wohnt. Dann kann die Behörde die Akten auf Antrag der oder des Beteiligten an eine andere Behörde versenden und dort die Akteneinsicht erfolgen. Akteneinsicht kann sonst auch bei einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfolgen.
Wenn auf der Seite der an einem Verwaltungsverfahren der oder des Beteiligten eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt hinsichtlich dieses Verfahrens eingeschaltet und bevollmächtigt ist, gilt auch in Bezug auf diese oder diesen, dass die Akteneinsicht bei der Behörde erfolgt. Die Behörde kann aber nach pflichtgemäßem Ermessen ausnahmsweise bestimmen, dass einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt auch die Mitnahme der Akten in ihre oder seine Kanzlei gestattet wird oder die Behörde die Akten dorthin sendet. Ein Anspruch auf Überlassung der Akten besteht aber nicht.
Insgesamt kann die Behörde über die Art und Weise der Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen. So kann die Behörde vor allem auch über den Zeitpunkt der Akteneinsicht bestimmen. Sie muss die Akteneinsicht aber unter zumutbaren Bedingungen gewähren.
Die Akteneinsicht umfasst nicht nur Schriftstücke, sondern auch alle sonstigen Unterlagen wie z.B. Pläne, Fotografien, Karten oder andere Datenträger, die ein konkretes Verfahren betreffen.
Akteneinsicht bedeutet nicht nur bloße Einsichtnahme. Vielmehr kann eine Akteneinsicht gerade bei umfangreichen Akten zu einem Verfahren häufig nur dann sinnvoll erfolgen, wenn der oder dem Beteiligten Gelegenheit gegeben wird, von dem Akteninhalt Abschriften oder Ablichtungen anzufertigen.
In Verfahren mit gleichförmigen Eingaben oder in Verfahren, bei denen mehr als 50 Personen im gleichen Interesse beteiligt sind, hat nur deren vertretende Person ein Recht auf Akteneinsicht, wenn in diesen Fällen eine Vertretung stattfindet.
Fristen
keine
Unterlagen
Normalerweise muss die oder der an einem Verwaltungsverfahren Beteiligte keine weiteren Unterlagen vorlegen, wenn sie oder er Einsicht in die Akten zu einem laufenden Verfahren beantragt. Sie oder er ist der Behörde ja bekannt.
Im Einzelfall kann es aber erforderlich werden, dass die Person darlegt, inwieweit die beantragte Akteneinsicht erforderlich ist, um rechtliche Interessen geltend zu machen oder zu verteidigen.
Anders verhält es sich in Fällen, in denen die Person Einsicht in Akten außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens beantragt. Hier muss die Person, die Akteneinsicht beantragt, ihr berechtigtes Interesse der aktenführenden Behörde darlegen.
Kosten
Die aktenführende Behörde verlangt für Abschriften oder Ablichtungen aus der Akte Kostenerstattung.
Sonstiges
keine
Rechtsgrundlage
Allgemeine Regelungen
- § 29 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) (Akteneinsicht durch Beteiligte)
- § 2 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG)
(Abs. 3 Nr. 2 Geltung des § 29 LVwVfG für die Tätigkeit der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen sowie der Schulen bei Versetzungs- und anderen Entscheidungen, die auf einer Leistungsbeurteilung beruhen)
(Abs. 4 Satz 2 Unanwendbarkeit des § 29 LVwVfG in Berufungsverfahren im Hochschulbereich)
Spezielle Regelungen (Auswahl)
- § 72 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) (Anwendung der Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren) i.V.m. § 29 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (LVwVfG) (Akteneinsicht durch Beteiligte)
- § 87 Landesbeamtengesetz (LBG) (Einsicht in Personalaktendaten von Beamten)
- § 25 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB X) (Akteneinsicht in Verfahren, auf die das SGB X Anwendung findet)
Zuständigkeit
die aktenführende Behörde
Freigabevermerk
- 07.12.2022 Innenministerium Baden-Württemberg